Personalspitzen: Networking – von Göttern und anderen wichtigen Kontakten

Networking ist in aller Munde. Logisch: Wer über die richtigen Kontakte verfügt, schert schneller in die Karriere-Überholspur ein. Online-Plattformen, Networking Events und Stammtische sollen nun dafür sorgen, dass die richtigen Verbindungen geknüpft werden. In Europa wird fleißig auf Xing diskutiert und auf LinkedIn gepostet. Das ist sinnvoll. Sicher ist aber auch: Die wahren Meister des Netzwerkens sitzen nicht im Westen, sondern in Asien, genauer gesagt im chinesischen Kulturraum, sagt unsere spitzzüngige PersonalSpitzenautorin Françoise Hauser und erklärt auch warum. Aber wie immer gilt: Lesen unserer satirischen PersonalSpitzen immer auf eigene Gefahr!
 

 Françoise Hauser
 

Halten wir uns nicht lange mit Vorgeplänkel auf und steigen gleich ein ins Eingemachte: Heute betrachten wir den Daoismus einmal genauer und untersuchen, was Personalverantwortliche und Arbeitnehmer von dessen Gottheiten in punkto Netzwerken lernen können. Sie schütteln den Kopf? Nicht viel, denken Sie? Von wegen.

 

Netzwerken: Du sollst keine fremden Götter neben mir haben oder gerade doch?

 

Denn das Pantheon dieser ostasiatischen Religion ist wie eine gigantische Behörde oder Firma organisiert. Jeder Gott hat seinen festen Platz in der Hierarchie und einen eigenen Zuständigkeitsbereich, in dem er hoffentlich gut arbeitet. Allerdings mit unterschiedlichem Erfolg: Manch ein Gott arbeitet sich mühsam hoch und glänzt mit guten Leistungen, bei anderen weiß eigentlich niemand so genau, wofür sie gut sind und wieso sie einen so hohen Posten besetzen.

 

Doch was hat das daoistische Pantheon mit Netzwerken zu tun? Genau wie beim Networking erfordert der Kontakt mit den Göttern viel Geschick und Einfühlungsvermögen:

  • Wen muss ich mir für alle Fälle warm halten und mit Opfern bedenken?
  • Wer könnte der richtige Ansprechpartner für mein konkretes Anliegen sein?
  • Und vor allem: Wie bitte komme ich an ihn heran?

 

Netzwerken: Von den Göttern lernen…

 

Mächtige und beliebte Götter tendieren dazu

  1. wenig Zeit zu haben,
  2. sich wichtig zu fühlen.

 

Bei einem hohen Gott vorzusprechen, kann sich daher als sinnlos erweisen – er wird doch sowieso schon mit Opfergaben zugeschüttet und kann sich nicht um jeden kleinen Sterblichen persönlich kümmern. Besser, man nimmt einen aus der niederen Charge. Die freuen sich noch aufrichtig über die Aufmerksamkeit und legen sich ins Zeug. Und sei es nur, indem sie das Anliegen dann dem höheren Gott vortragen und die Sache auf dem schnellen Dienstweg ein gutes Ende nimmt.  

 
Unternehmen und das daoistische Pantheon haben also vieles gemeinsam. Sind nicht auch die allerobersten Etagen für den kleinen Angestellten nur schwer zu erreichen? Ist es nicht hier auch oft geschickter, eine oder zwei Ebenen darunter vorzusprechen? Interessanterweise gelten die daoistischen Parallelen auch im Recruiting:  All jene aus der zweiten Reihe, die nicht mit 23 einen doppelten MBA, zwei Praktika bei der UNO und natürlich eine ellenlange Liste sinnvoller Freizeitbeschäftigungen vorzuweisen haben, werden im Westen bei der Besetzung wichtiger Positionen oft übersehen, während sich ostasiatische Chefs oft keine Illusionen machen. Überflieger machen genau das, was ihr Name verspricht: Sie fliegen, und zwar ziemlich schnell von einem Arbeitgeber vom anderen, wenn die Verlockungen zu groß sind.
 

Es sind die anderen, auf den ersten Blick weniger Schillernden, die für die Firmenlaufbahn ausgewählt werden. Zum einen haben sie Zeit, neben dem Networken auch wirklich zu arbeiten. Zum anderen gibt es gute Chancen, dass sie nicht gleich dem obersten Jadegott  (oder Firmenchef) am Thron sägen, sondern auch mit einer angemessenen Beförderung zu erfreuen sind.

 

Networking: Was ist mit den Quereinsteigern?

 

Auch Quereinsteiger haben es im daoistischen Umfeld leichter – im Diesseits wie im Jenseits. Nicht die letzte Position zählt, sondern das Können. Gegenüber den Göttern der Nachbarn zeigt man sich im chinesischen Kulturkreis durchaus offen. So findet man in chinesischen Tempeln in Singapur oder Malaysia öfter auch indische Götter,  frei nach dem Motto „wenn er gut arbeitet, ist es egal, wo er herkommt“.
 

Wer in religiöser Hinsicht so pragmatisch ist, wird auch in der Realität nicht nur auf Diplome schauen, sondern gibt Bewerbern die Chance, ihr Können praktisch zu beweisen. Allerdings führt bewiesene Unkenntnis auch sofort wieder zur Kündigung.
 

Apropos Kündigung: Der Daoismus lockt nicht nur mit schönen Parallelen für die Welt der Unternehmen. Es ist nämlich so: Ob ein Gott gut arbeitet und die Opfer wert ist, entscheidet nicht der Gott selbst, sondern die Gläubigen. Nur weil einer zum Gott geworden ist, darf er sich in China noch lange nicht alles erlauben! Spurt der Hausgott oder Dorfgott nicht, lässt seine Performance zu wünschen übrig, kann es durchaus sein, dass er ersetzt wird: Götter gibt es ja im Überfluss. Versager müssen zudem mit Repressalien rechnen. Niedere Götter werden schon mal mit einer Schimpftirade oder einer Ohrfeige diszipliniert.
 
Nützt auch das nichts, ist auch eine Runde Einzelhaft möglich: Dann soll er doch mal sehen, wie das ist, wenn ihn wochenlang niemand mehr besucht oder mit Opfern bedenkt! Wer die daoistischen Prinzipien zur Firmenpolitik erhebt, muss sich daher Sorgen machen, wenn niemand mehr im Büro vorbeischaut oder keine einzige LinkedIn-Anfrage mehr eintrudelt – haben da die Angestellten am Ende einen Gott abgesetzt? (Bild: Fotolia)