Was dürfen Arbeitnehmer posten?

Wer sich im Internet – etwa beim Social Media Networking – äußert, darf seinem Arbeitgeber nicht schaden. Arbeitsrechtler Dr. Bert Howald erklärt, wann und warum der Meinungsfreiheit Grenzen gesetzt sind und wann Arbeitgeber das Recht haben einzugreifen.

Von Dr. Bert Howald

Soziale Medien wie Facebook, Xing, Google+ und Co. sind heutzutage in aller Munde. Darf ein Arbeitnehmer dort Berufliches mitteilen? Und was darf er über seinen Chef oder Vorgesetzte verbreiten? Welche Konsequenzen hat das Ganze?

Grundsatz beim Social Media Networking: Meinungsfreiheit – aber nicht schrankenlos

Natürlich darf der Arbeitnehmer auch außerhalb des Betriebs seine Meinung in den verschiedenen Social Media Plattformen äußern. Aber es gibt beim Social Media Networking eine Reihe von Besonderheiten zu beachten, und man sollte hier vorsichtig sein. Wir leben glücklicherweise in einer freien Demokratie mit Grundrechten. Ein ganz besonders wichtiges Grundrecht ist das der Meinungsfreiheit. Wer im Internet Beiträge veröffentlicht, nutzt diese von der Verfassung geschützte Freiheit.

Grundrechte werden aber nicht grenzenlos gewährt: Der Arbeitgeber hat auch Grundrechte, wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit. Außerdem kann das Grundrecht der Meinungsfreiheit durch Gesetze beschränkt werden, so steht es im Grundgesetz. Arbeitgeber können in diesem Punkt auf Nummer sicher gehen, indem sie mit ihren Angestellten eine so genannte Social Media Policy – also Verhaltensrichtlinien für das Social Web – vereinbaren.

Die Pflicht, dem Arbeitgeber nicht zu schaden

Grundsätzlich stellt die arbeitsvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme im Arbeitsverhältnis aber bereits eine Beschränkung in puncto Meinungsäußerung in sozialen Netzwerken dar. Mit anderen Worten: Als Arbeitnehmer hat man die Pflicht, seinem Arbeitgeber nicht zu schaden, obwohl es die Meinungsfreiheit gibt.

Das Bundesarbeitsgericht verpackt es etwas eleganter: “Die vertragliche Rücksichtnahmepflicht verlangt von den Parteien eines Arbeitsverhältnisses, gegenseitig auf die Rechtsgüter und die Interessen der jeweils anderen Vertragspartei Rücksicht zu nehmen” (Urteil v. 24.06.2004 – gerichtl. Akzenz. 2 AZR 63/03). Das Gericht sagt außerdem: Man muss die eigene Stellung im Betrieb, die eigenen Interessen und die Interessen des Arbeitgebers berücksichtigen. Alles nicht besonders präzise? Kein Wunder, denn es geht um eine Abwägung von Interessen – die eigenen und die des Arbeitgebers. Da muss man genau auf den Einzelfall schauen.

Social Media Networking: Was ist erlaubt, was nicht ?

Der Weg zur Publikation eigener Gedanken im Internet ist kurz, es genügt ein Klick, schon ist das Geschriebene für einen weiten Empfängerkreis zugänglich und lässt sich auch meist nicht mehr endgültig löschen.  Einmal gepostet, lässt sich nichts mehr ungeschehen machen, das Geschriebene lässt sich beliebig ausdrucken, dokumentieren und von Dritten verbreiten.

In Internetforen tummeln sich viele Teilnehmer mit Aliasnamen, um zum Teil beißende und zugespitzte Kommentare über ihren beruflichen Alltag oder ihre Branche zu posten. Überall da, wo es unter die Gürtellinie geht, kann die Grenze sehr schnell überschritten sein, bei der ernste Konsequenzen für den Job drohen. Viele Personalberater raten Arbeitnehmern mittlerweile, um derartige Kommunikationsmedien in der Freizeit einen Bogen zu machen, zumindest wenn es um die Diskussion von Vorgängen rund um den Job geht.

Vorsicht Geschäftsschädigung

Man sollte sich immer im Klaren darüber sein, dass der Arbeitgeber gute Geschäfte machen will – deshalb sollte man sich als Arbeitnehmer, gerade wenn es um Produkte oder Dienstleistungen geht – zurückhalten, sonst sind Kunden schnell mal weg. Natürlich ist niemand gezwungen, im privaten Bereich noch Werbung für den Arbeitgeber zu machen. Wer aber die Produkte seines Arbeitgebers im Internet schlechtmacht, etwaige Nachteile herausstellt oder gar die Anschaffung eines Konkurrenzprodukts empfiehlt, der sollte sich nicht wundern, wenn der Arbeitgeber das nicht witzig findet.

Was Vorgänge im Betrieb angeht, so ist ebenfalls Zurückhaltung geboten. Wer Rechtsverstöße bemerkt, sollte damit nicht sofort an die (Internet-)Öffentlichkeit gehen. Wenn etwas grundlegend schief läuft im Betrieb, muss der Arbeitnehmer das dem Arbeitgeber grundsätzlich erst einmal melden, damit er überhaupt die Möglichkeit hat, den Verstoß abzustellen.

Vorsicht bei Kritik und Frust

Auch bei Äußerungen in Bezug auf Kollegen oder Vorgesetzte im Internet ist Zurückhaltung geboten. Angriffe auf die Menschenwürde oder Formalbeleidigungen oder Schmähungen sind eindeutig nicht erlaubt. Aber auch mit wahren Tatsachenbehauptungen, die geeignet sind, den Betroffenen herabzusetzen, muss man sehr vorsichtig sein.

Wenn der Arbeitnehmer kein “schutzwürdiges Interesse” an der öffentlichen Weiterverbreitung hat, ist nach der Rechtsprechung auch nach dem Ausscheiden aus dem Job Schweigen geboten. An einem schutzwürdigen Interesse fehlt es beispielsweise, wenn die Äußerung nur deswegen erfolgt, weil sich der Arbeitnehmer für ein als ungerecht empfundenes Verhalten des Arbeitgebers rächen will.

Auch Anonymität schützt nicht vor Sanktionen

Inwieweit man durch Anonymität einer Sanktionierung durch den Arbeitgeber entgehen kann, ist fraglich. So kam ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer in einem Verfahren durch einen Hinweis eines Arbeitskollegen “auf die Schliche” (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg v. 18.08.2008, gerichtl. Aktenz. 10 TaBV 885/08). Der Mitarbeiter hatte sich mit einem Aliasnamen in einem Internetforum über die schlechte medizinisch-technische Ausstattung des Arbeitgebers geäußert.

Da der Mitarbeiter Betriebsratsmitglied war, hätte man ihm nur außerordentlich und fristlos kündigen dürfen. Das Gericht entschied, dass die Äußerungen keinen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellten und der Arbeitsvertrag nicht verletzt worden war. Der Fall zeigt aber, dass man sich auch in Internetforen nur mit Bedacht bewegen sollte.

Rechte des Arbeitgebers können die Meinungsfreiheit des Einzelnen überwiegen

Das Oberlandesgericht Hamm hat in einer Entscheidung vom 03.08.2011 (gerichtl. Aktenz. I-3 U 196/10) zwar bestätigt, dass auch anonyme Äußerungen im Internet grundsätzlich vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt sind, jedoch muss auch nach der dortigen Auffassung im Einzelfall eine Abwägung mit den Grundrechten des Adressaten der Äußerung erfolgen.

Im Klartext: Wenn die Rechte des Arbeitgebers überwiegen, nützt mir die Meinungsfreiheit wenig, ich muss trotzdem mit möglichen Konsequenzen durch den Arbeitgeber rechnen.