Design Thinking: Macht doch, was Ihr wollt!!

Lust auf eine Zeitreise in die Ära Steve Jobs? Wir befinden uns  in der Hoch-Phase von Apple. Vor kurzem ist der einstige Gründer nach seinem Rauswurf vor ein paar Jahren wieder in die „heiligen“ Hallen von Cupertino zurückgehrt und befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Kreativität… (Okay, heilig ist in diesem Zusammenhang vielleicht etwas zu hoch gegriffen – aber es zahlt auf die Dramatik dieses Beitrags ein. Also weiter im Text!) Jobs befindet sich in einem Meeting mit einem seiner Entwicklerteams. Es demonstriert ihm gerade die Funktionen des neuesten iPods. Plötzlich lang Jobs zu… und wirft das hellblau schimmernde Gerät ins Wasser! Kurios? Menschenverachtend? Gemein? Nein! In der Arbeitswelt 4.0 firmiert dieses Vorgehen inzwischen unter dem Stichwort „Design Thinking“...
 
Von Sonja Dietz
 
Okay, okay, das ist vielleicht eine etwas zu steile These. Keine Sorge! Manager im digitalen Zeitalter sind nicht angehalten, die neuen Produkte ihrer Entwickler oder die Ideen aus ihrem Team einfach so über Bord zu werfen. Das hat Steve Jobs ja auch gar nicht getan. Und damit ist nicht der Fakt gemeint, dass der iPod lediglich im Aquarium und nicht auf dem Meeresboden landete. Nein, gemeint ist die Idee, die hinter dieser Aktion stand. Denn letztlich war die nur zum Besten der Mitarbeiter. (Wenn auch etwas ungelenk ausgeführt. Heute gehen Manager nicht mit einem solchen Aktionismus ans Werk, sondern reden erst mal mit ihren Leuten. Aber hey! Steve Jobs war eben Steve Jobs!)

Design Thinking á la Steve Jobs: Wie alles begann…

Um das näher beleuchten zu können, gehen wir nochmal zurück in Jobs' Büro, wo gerade ein paar Mitarbeiter ziemlich ungläubig auf ein Aquarium glotzen. So oder so ähnlich könnte es sich der dazugehörige Dialog seinerzeit  angehört haben:
 
Jobs: Jungs, was seht ihr?
Chefentwickler: Du hast unseren Prototyp ins Wasser geworfen. Unsere Arbeit ist futsch…!
Jobs: Das macht nichts. Sie war nicht gut.
Chefentwickler: Steve….!
(Jobs hebt den Arm – bringt den aufbrausenden Kollegen – nennen wir ihn Dave -  zum Schweigen.)
Jobs (bleibt ruhig, aber bestimmt): Ich frage dich nochmal: Was siehst du?
Chefentwickler: Das habe ich bereits gesagt. (Er verschränkt die Arme, geht in  Abwehrhaltung!)
Jobs: Gut, ich sage es dir. Siehst du die aufsteigenden Luftblasen hier und dort…?
Chefentwickler: Ja, das Gerät ist nicht wasserdicht, es ist dahin. Wenn du mir das damit sagen wolltest…
Jobs: Nein! Wenn noch so viel Luft aus dem Gerät entweichen kann, ist das Design noch nicht so kompakt, wie es sein könnte… Mach den iPod schlanker. Ich will das schlankeste Design, das möglich ist.

 
Zugegeben, diese Art, das Beste aus seinen Mitarbeitern heraus zu kitzeln brachte Steve Jobs nicht eben Beliebtheitsboni ein. Und ja – eine solche Diskussion hätte weniger brachial und ohne technischen Totalschaden geführt werden können. In Sachen Mitarbeiterkommunikation und Personalführung muss Jobs an dieser Stelle also erhebliche Punktabzüge in Kauf nehmen.

Design Thinking: Die Idee des New Leadership

In der Herangehensweise, Visionen in Produkte umzusetzen, war er seiner Zeit jedoch erheblich voraus. Er wollte seine Leute zu einer Mentalität des Lernens anleiten, die bis dahin praktisch in Vergessenheit geraten war – das spielerische „Trial und Error“: Funktioniert das nicht, mache etwas anderes. Nachgewiesenermaßen ist genau das die effektivste Herangehensweise, um neue Ideen zu entwickeln. Anders machen es Kinder auch nicht, sie spielen, um Dinge zu verstehen. Und Kinder müssen eine ganze Menge dabei lernen, denn sie entwickeln sich mental auf diese Weise rasant weiter.
 
In Managementkreisen ist diese Vorgehensweise inzwischen als Design Thinking geläufig. Natürlich wurde die Theorie, die hinter dem Begriff steht, noch etwas verfeinert und den modernen Maßstäben der Personalführung angepasst, aber im Prinzip geht es genau um das: Vorgesetzte ermutigen ihre Teams, eigene Ideen, Strategien und Lösungsansätze zu entwickeln. Völlig frei. Ohne Denkblockaden. Der Realitätscheck kommt später. Der Effekt: Es entstehen Visionen, die man ansonsten gar nicht zu Ende gedacht hätte.
 
Think Big lautet die Devise:

  • Wie ließe sich aus einem guten Produkt, einer Dienstleistung oder einem Tool ein noch besseres machen?
  •  Wie ließe sich die bisherige Arbeit mit dem zehn- oder 100-fachen des Budgets oder in zehn oder 100 Jahren erledigen?
  • Wie könnte man sich diesem Ideal unter den gegebenen Bedingungen bestmöglich annähern? 

Design Thinking: Kann das funktionieren?

Kann das funktionieren? Ja, denn es funktioniert bereits. Nach dem Vorbild der Big Player im amerikanischen Silicon Valley hat sich auch bei uns die Methode des Design Thinking längst etabliert.
 
Diese neue Herangehensweise ist letztlich eine Konsequenz aus der Digitalisierung. Denn in einer immer komplexeren Arbeitswelt, in der Prozesse immer schneller und Entwicklungen auf den Märkten immer unvorhersehbarer werden, müssen rasche Entscheidungen getroffen werden, um mit dem Wettbewerb mithalten zu können. Das geht aber nur, wenn die Innovationskraft vom einzelnen Mitarbeiter ausgeht.
 
Das ist letztlich auch nur konsequent, denn schon jetzt kommen in Fach-Abteilungen Spezialisten zusammen, die sich in ihrem Expertenwissen ergänzen. Dem Vorgesetzten kommt die Aufgabe zu, die einzelnen Prozesse zu lenken, einen zeitlichen Rahmen vorzugeben, Ideen anzustoßen und den Austausch im Team zu moderieren.
 
So hielt es auch Steve Jobs: Er selbst kannte die Schritte, die für ein schlankeres Design notwendig waren, nicht. Was er hatte, war die Vision, die er an das Expertenteam weitergab, dem er voll und ganz vertraute. Gut, dieses Vertrauen hätte er sicher durch eine Kommunikation auf Augenhöhe und konstruktive Kritik besser zum Ausdruck bringen können. Aber soweit war man seinerzeit tatsächlich noch nicht. Heute sollte das Gang und Gäbe sein.
 
Dafür ist Jobs aber durchaus etwas anderes zugute zu halten. Bei aller Experimentierfreude wusste er auch, wann es sich nicht mehr lohnt, eine Idee weiter zu verfolgen. Auch das ist wichtig, um fokussiert zu bleiben. Er zog dann bei seinen Mitarbeitern einfach den Computer-Stecker. Projekt beendet, Daten unwiderruflich verloren. Jobs eben!