Unternehmenswerte definieren und leben

Werte sind die Grundlage für den Geschäftserfolg. Das wissen Unternehmen, deshalb entwickeln sie Leitbilder. Nach diesen Regeln sollen Mitarbeiter handeln, Vorgesetzte haben eine Vorbildfunktion. Doch nur jeder zweite Mitarbeiter identifiziert sich tatsächlich mit den Werten seines Unternehmens. Was läuft da schief?


Von Peter Ilg

Den Fall der Mauer, das Platzen der dot.com-Blase und die Finanzkrise, die den Glauben an funktionierende Märkte erschüttert hat, sind nach Meinung von Andreas Suchanek, Professor für Nachhaltigkeit und globale Ethik an der Handelshochschule Leipzig die Gründe dafür, dass in der MBA-Ausbildung Themen wie Ethik, Nachhaltigkeit und Werte forciert wurden. Seit 2004 hat Suchanek einen Lehrstuhl für Wirtschafts- und Unternehmensethik in Leipzig.

Ethik ist in

Die Manager von morgen wollen mehr über Ethik, Werte, Nachhaltigkeit lernen – Business Schools sollen praxisnäher unterrichten: das ergab eine Umfrage der Agentur SWOP in Berlin und der Bertelsmann-Stiftung 2010 unter 700 MBA-Studenten, Ehemaligen und Interessierten. Über 70 Prozent der Absolventen sind für eine Umstrukturierung der Ausbildungskonzepte. Sie legen Wert darauf, dass ihnen die MBA-Programme Führungskompetenz und neue Ansätze vermitteln. Curricula, die Ethik und Nachhaltigkeit als Grundprinzip erfolgreicher Führung beinhalten, sind für zwei Drittel der Befragten interessant. Die Zeiten ändern sich. Wirtschaft und Ethik werden nicht mehr als Gegensätze wahrgenommen.

„Um die eigene Zukunftsfähigkeit zu sichern, sind Unternehmen auf ethische Werte angewiesen“, informiert die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Denn wem kein Vertrauen entgegen gebracht wird, der findet keine Kunden, Mitarbeiter oder Geschäftspartner. Innerhalb der meisten Unternehmen spiele wertorientiertes Handeln längst eine wichtige Rolle. „Zahlreiche Unternehmen haben sich freiwillig Leitlinien gegeben, die eine ethische Unternehmenskultur fördern und zu verantwortlichem und nachhaltigem Handeln ermutigen“, so die Vereinigung. Führungskräfte hätten eine Vorbildfunktion: „Nur wenn Werte in den Unternehmen auch gelebt werden, sind sie glaubwürdig.“

Werte müssen gelebt werden!

Pikant: Zwar schreiben sich Firmenchefs gerne Schlagwörter wie Kundenorientierung, Fairness und Bescheidenheit auf die Fahne. Aber nur jeder zweite Beschäftigte in Deutschland weiß, für welche Werte sein Unternehmen überhaupt steht. Zu diesem Ergebnis kommt die Hamburger Unternehmensberatung Rochus Mummert in ihrer Studie „Leadership im Topmanagement deutscher Unternehmen“ für die Mitarbeiter und Führungskräfte großer und mittelständischer Firmen befragt wurden. Ausnahmslos alle befragten Manager sagten, ihr Betrieb habe Leitbilder definiert, die den Beschäftigen bekannt seien.

Im krassen Gegensatz dazu steht, dass jeweils nur die Hälfte der leitenden Angestellten und Mitarbeiter dem scheinbar gemeinsamen Leitbild zustimmen. „Deutschlands Manager haben offenbar nicht verstanden, dass Werte nicht nur hübsche Floskeln sein sollten, die irgendwo auf der Homepage nachzulesen sind“, sagt Dr. Hans Schlipat, Managing Partner bei Mummert. Der Sinn gemeinsamer Grundsätze sei, dass alle auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten.

Werte sollten mehr sein als hübsche Floskeln

Und das lohnt sich, weil zwischen Wertekultur und Erfolg ein Zusammenhang besteht. In Unternehmen mit weit überdurchschnittlichem Wachstum sagen die meisten, dass Werte vereinbart wurden, die auch intern bekannt seien. Eine Wertekultur trägt auch zu mehr Zufriedenheit bei: Zufriedene Mitarbeiter kennen mehrheitlich die Leitbilder, für die ihr Unternehmen steht, zeigt die Studie weiter.
Wertschätzung, Vertrauen, Offenheit für Ideen, sind typische und wichtige interne Werte. Qualität, Kundenorientierung, Innovationen richten sich eher an Kunden. „Werte und Werteorientierung sind Top-Themen, mit denen sich Unternehmen derzeit auseinandersetzten“, sagt Katharina Heuer, Vorsitzende der Geschäftsführung der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) in Düsseldorf. Aus Aktualitätsgrünen stand das Thema Werte beim Kongress der DGFP im Mai auf der Agenda. „Werte geben im täglichen Handeln Orientierung und sie sorgen für Zusammenhalt.“

Werte gewinnen an Bedeutung

Doch jeder einzelne Mitarbeiter hat seine eigene Vorstellung und Wertigkeit von Werten. Wie schafft man da den gemeinsamen Konsens, vom Sachbearbeiter bis zum Vorstand? „Indem man offen über Werte diskutiert und sehr genau darauf achtet, dass die Menschen im Unternehmen sich den Werten verpflichtet fühlen“, sagt Heuer. Und das geschehe über Auswahl und Entwicklung von Mitarbeitern, insbesondere Führungskräften, die hier eine Vorbildfunktion haben.

Oft helfen schon kleine, aber wirkungsvolle Regeln, die den täglichen Umgang miteinander vereinfachen: den anderen ausreden lassen, Kritik konstruktiv äußern, pünktlich zu Meetings erscheinen und andere nicht warten lassen. Das nährt das Vertrauen, dass man gemeinsam an ein- und demselben Strang zieht. Führungskräfte in Deutschland erwarten für die nächsten Jahre eine weitere Intensivierung der Diskussion über die Bedeutung von Werten für eine nachhaltige Unternehmens- und Personalführung und gehen davon aus, dass sich auch die umfassende gesellschaftliche Debatte um mehr Werteorientierung noch verstärken wird.

Intensivierung der Wertedebatte

Dies ist ein Ergebnis der Führungskräftebefragung 2013 der ‚Wertekommission – Initiative Werte Bewusste Führung e.V.‘, die in Zusammenarbeit mit dem Reinhard-Mohn-Institut für Unternehmensführung und Corporate Governance der Universität Witten/Herdecke zum Jahreswechsel 2012/2013 durchgeführt wurde. Teilgenommen haben mehr als zweihundert Führungskräfte aller Altersgruppen und Unternehmensgrößen aus Deutschland.